ATTIC MYSTERY TOUR
2022
HD, ohne Ton, 5 min
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Der Dachstuhl von Schloss Orth an der Donau, ein mehrstöckiger Gebäudeteil, den so nie ein Mensch gesehen hat: Wie eine Retro-Entdeckerin in einem Zeitreise-Film schickt Karl-Heinz Klopf eine Kameradrohne über das Holzgebälk des Dachstocks unter dem Giebel hindurch. Sie fliegt über und zwischen den Balken, wendet vor einer Mauer und tritt wieder den Rückflug an. Es ist nicht nur der buchstäbliche Staub der Zeit, der einen in dieser etwas gespenstischen Erkundungstour erschauern lässt. Es ist sicher auch nicht der friedliche Geist des Schlosses. Aber es ist der seltsame Blick des Kameraauges aus einer maschinellen Apparatur, welche die Präsenz des Menschen als Marginalie voraussetzt. In einem 1996 erschienen Aufsatz über die Erinnerungskultur im Umgang mit der Landung der Alliiertentruppen im Juni 1944 schreibt Paul Virilio von der "Industrialisierung des Vergessens", womit Virilio die mediale Massenverwertung dieses Ereignisses meinte. Und so erinnert mich dieser Drohnenblick, der zwar in vergangene Schichten eintaucht und alles sieht, aber nichts kontextualisiert, auch an unsere gespenstische Geschwindigkeit, mit der wir historische Ereignisse vergessen, weil sie in unseren medialen und Online-Exzessen schlicht industriell vernichtet werden. (Patricia Grzonka)