Karl-Heinz Klopf

Elisabeth Schlebrügge
154 LÖCHER
Zur Installation 154 Löcher in der Galerie Stadtpark, Krems, 1991


Karl-Heinz Klopfs Arbeit handelt von dem, was sich in einer Trennung von innen und außen den Blicken entzieht, im Wechsel vom Standpunkt des Künstlers, der immer schon der blinde Seher gewesen ist, zu dem des Betrachters, der in melancholischer Luzidität erfahren muss, dass er nie das Ganze auf einmal erfassen wird können und ausgeschlossen bleibt vom Sinn. Die Spaltung ist inhärent, wie Blinde nicht voraussetzungslos den Sinn der Wörter an der Wand ertasten und die Sehenden – wenn sie überhaupt in den Kreisen Elemente der Blindenschrift erkennen – den Code nicht dechiffrieren können: eine Sperre, die auf die problematische Zugänglichkeit zur Bild-Wirklichkeit verweist, ein Thema, das Klopf schon in der Serie seiner von ihm so genannte Kaschierungen aufgegriffen und variiert hat.
Eine Sperre oder ein Filter, etwas, das die Bilderflut dämmt, Einhalt gebietet, ein Moment künstlerischer Blindheit, eine „Absence“, wie der Künstler mit Virilio und an anderem Ort Freud für die Hysterikerin formuliert hat, eine Abwesenheit, die die eigenen, eigentlichen Bilder herbeirufen soll, den Rekurs auf die Erinnerung einfordert.
Gerade in der vordergründigen Entfernung vom Persönlich-Privaten, in der Reflexion aufs Systemische scheint die Hoffnung auf eine Wiederaneignung des Subjekts durch die Zuwendung zu einem Feld neutraler Zeichen (wie die gestanzten Kreise), zu einer Art von Schrift in der „Sehnsucht, keine Bilder zu sehen“, im Verlangen nach „optischer Ruhe“, kann die bedrohliche Bevormundung durch Bilder abwehren und lässt eine Wiedergewinnung des Bereichs privater Wahrnehmung und Phantasie wieder zu, etwa in dem Sinn, in dem es Ilya Kabakov im Gespräch mit Boris Groys formuliert hat: „Das Betrachten eines Bildes“, sagt Kabakov dort, „hat bei mir immer Angst und Unbehagen ausgelöst, ganz im Gegensatz zum Lesen eines Textes, denn wenn ich auf die Buchstaben schaue, sehe ich innerlich etwas ganz anderes, und das erweckt in mir großes Zutrauen. Vor mir habe ich nichts als Buchstaben, etwas vollkommen Unsinniges, und ich selbst als das Subjekt des Lesens erwecke meine Phantasie zum leben.“

Nach oben